Ihr macht unseren Sport kaputt!

Am gestrigen Montagabend hatte unser Verein das erste Mal in dieser Saison die große Ehre sich auf der Plattform Sport1 präsentieren zu dürfen. Ein großflächiger Protest wurde erarbeitet und gemeinsam mit dem Aachener Anhang durchgeführt. Hierbei wurde sich auf einige Elemente geeinigt, um Einfluss auf die Übertragung zu nehmen und so die größtmögliche Aufmerksamkeit für dieses Thema zu schaffen. Tennisbälle und Trillerpfeifen sind natürlich nicht allzu innovativ, aber das Signal war klar und unüberhörbar:  Überspannt den Bogen nicht! Noch haben die Fanszenen genügend Power, um eine kraftvolle Protestbewegung auf die Beine zu stellen und sich gemeinsam für ihre Anliegen einzusetzen. 

 

Hätten wir Fußballfans vor Jahren nicht massiv für den Erhalt der Stehplätze gekämpft, würde es heute wohl keine Stehkurven mehr geben. Nur Dank der massiven Proteste von uns Fans wurde von Montagsspielen in der 1. Liga ein stückweit Abstand genommen. Da es mitunter ein einfacher Gesang und ein gezeigtes Spruchband in der Kurve nicht tut, einigten wir uns auf ein aussagekräftiges Kontrastprogramm. In den ersten 30 Minuten sollte gezeigt werden, was in den Kurven passiert, wenn die Anliegen der Fans weiter übergangen werden und die Kommerzialisierung weiter voranschreitet: nämlich rein gar nichts. Danach sollte aus der passiven, eine aktive Protestwelle entstehen, um jedem nochmal klarzumachen, dass hier etwas gewaltig schiefläuft. 

 

Nicht jedem müssen solche Proteste gefallen. Nicht jedem muss die Art und Weise oder auch der Zeitpunkt gefallen. Jedoch muss hier immer der Gesamtkontext betrachtet werden: 

In unserem Fall sind es die Montagsspiele. Montagsspiele dienen in der 4. Liga genau wie in der 2. oder auch 3. Liga nur einem Zweck: Dem Couchfetischisten in der heimischen Glotze eine nette Vorabend Show zu liefern. Ob der Vermarkter dieser Spiele nun Sky, Telekom oder Sport 1 heißt, spielt nicht die übergeordnete Rolle. Der viel schlimmere Fakt ist, dass der TV-Sender im Vorfeld zusammen mit dem Verband (in unserem Fall WDFV) die für eine Live Übertragung in Frage kommenden Partien sondiert. Natürlich sind die geilen Spiele mit der Beteiligung von Traditionsmannschaften attraktiver als die von kleineren unbekannteren Vereinen. Durch das Tolerieren von diesem Rosinengepicke des Senders zeigt sich in unseren Augen mal wieder, wo die wirklichen Interessen vom Verband liegen: beim lieben Geld. 

 

Aber auch die Interessen der Vereine liegen offensichtlich hier: Sie haben zwar nur einen bedingten Einfluss auf die Wahl der Live-Spiele, dennoch darf der Heimverein ein Montagsspiel ablehnen. Dies ist z.B. bei Rot-Weiß Essen oder unserem heutigen Gegner, Alemannia Aachen, der Fall. Dennoch: Die Ansetzungen werden von Sport1, in Zusammenarbeit mit dem Verband, von oben herab diktiert. Laut Aussagen von Fortuna Kölns Geschäftsführer hat der WDFV die Partie gegen Aachen dem Fernsehsender Sport1 angeboten. Alle Beteiligten (Polizei, Fortuna Köln, Ordnungsdienst, Stadt) waren mit dieser Idee einverstanden, wodurch das Spiel nun an diesem Montag stattfand. Eine Ablehnung kam leider für die Verantwortlichen unseres Vereins nie in Frage, da die Medienpräsenz gegenüber seinen eigenen Fans vorgezogen wird und die Angst vor “erneuten Ausschreitungen” seitens des Aachener Anhangs zu groß sei. Ein weiterer Grund war, dass die Polizei durch die Ansetzung ein Erscheinen der befreundeten Szene aus den Niederlanden ausschloss und so mit weniger Gästefans rechnete. 

 

Wie wir nach eigener Recherche erfuhren, bringen diese Live-Spiele keine sonderlich großen Mehr-Einnahmen für die Vereine. Die Ausschüttung erfolgt nämlich dadurch, dass alle Gelder der Live-Spiele in einen großen Topf fließen und am Ende der Saison gleichmäßig an alle Vereine der jeweiligen Regionalliga ausgeschüttet werden, wodurch man sich im niedrigen vierstelligen Bereich befindet. Diese Summe ist unabhängig von den Live-Übertragungen, für die ein Verein während einer Saison zugestimmt hat. Zwar ist ein Vergleich zwischen einem Samstagsspiel und einem Live-Spiel am Montag rein spekulativ, jedoch sind wir fest davon überzeugt, dass sich ein Spiel gegen Alemannia Aachen an einem Samstagnachmittag im Südstadion als mindestens genauso wirtschaftlich lukrativ rausgestellt hätte. 

 

Wir können verstehen, dass Vereine, gerade die ambitionierten, eine gewisse Eigenwerbung und TV-Präsenz gerne annehmen. Wir können auch verstehen, dass Vereine in der Regionalliga um jeden Cent kämpfen. Oftmals ist es eine “Friss oder Stirb” Situation und Vereine sind dazu gezwungen, jedes Geld, egal von wo und von wem anzunehmen, um den Spielbetrieb weiter aufrechtzuerhalten. Was wir allerdings niemals nachvollziehen werden ist, dass all dies auf dem Rücken jener ausgetragen wird, die den Volkssport Fußball so groß gemacht haben und diesen finanzieren: den Fans im Stadion.  

 

Ein Heimspiel unter der Woche ist schon schlimm genug. Jeder kennt den Berufsverkehr auf den Kölner Straßen, zudem kommen noch private oder berufliche Angelegenheiten bzw. Verpflichtungen. Für einen Gästefan ist ein Spiel unter der Woche noch viel schlimmer. Oftmals muss mindestens ein halber Tag dafür frei genommen werden, wenn er zum Anpfiff pünktlich im Stadion sein will. Die Profiteure dieser Spielansetzungen sind alleine die Fernsehzuschauer denen eine perfekte Zirkusshow rund um den Fußballsport geboten werden soll. TV-Präsenz ist gut und schön, jedoch sollte diese auch im Rahmen bleiben und nicht über den Interessen der eigenen Fans stehen. Geld ist ebenso wichtig, jedoch wissen wir mittlerweile alle, dass in der gesamten Fußballbranche derartig viel Geld zirkuliert, dass einem Normalverdiener schwindelig wird. 

 

Die TV-Sender sind mitunter auch einer der Hauptgründe, wieso sich unser Sport immer weiter entfremdet und werteloser wird. Der Tittensender DSF, oder wie es neudeutsch heißt “Sport1”, ist ja sogar der Meinung, etwas Gutes für den Fußball und seine Fans zu tun. In Aussagen von den Verantwortlichen des Senders werden völlig weltfremde Argumente und Sichtweisen beschrieben, ohne auch den Hauch von Einsicht zu zeigen, dass der Großteil an Fußballfans gegen ihre TV-Diktatur ist. Es zeigt sich, dass der Fan vor dem TV-Gerät eine höhere Priorität hat und dieser verwöhnt werden soll.  
“Natürlich achten wir bei der Terminsuche auch auf die Fans: Am Montag beim Spiel Wuppertal gegen Oberhausen hatten die RWO-Anhänger eine Anfahrt von zirka 45 Minuten. Das ist aus unserer Sicht absolut vertretbar.” Dirc Seemann, Sport1-Chefredakteur am 02.10.2018 - Diese Aussage spiegelt dies nur wider. Dass es beim Fußball für die Fans aber auch um das Miteinander vor und nach dem Spiel geht, wird oftmals vergessen. 

 

Ebenso zeigen Aussagen von Seiten des Verbands: “Es ist ein ausgezeichnetes Signal, dass die Kooperation mit unserem Medienpartner SPORT1 in die nächste große Runde geht. (…) Der Montagabend ist ein ausgezeichneter Sendeplatz, an dem die traditionsreichen Partien, die in der Regionalliga West geboten werden, so richtig zur Geltung kommen werden.“, Präsident der Regionalliga West Hermann Korfmacher am 06.06.2017, dass nicht nur wenig Interesse darin besteht, Geldgeber und Geldflüsse zu hinterfragen, sondern auch, dass offensichtliches Desinteresse der Fans an solchen Kooperationen und seinen Folgen komplett übergangen werden. Hauptsache das Geld ist da, egal wie, woher und mit welchen Konsequenzen. 

 

Ähnliches gilt für die Vereine. Eine fixe Geldsumme nehmen die meisten lieber an, als mit einer (für sie) “spekulativen” Summe zu arbeiten. Gerade kleinere, ärmere Vereine nehmen es gerne an, wenn sie mit weniger Gästefans rechnen können und dementsprechend an Ordnungspersonal sparen können. Jedoch entscheiden alle Vereine letztlich in einem Votum darüber, ob es einen neuen TV-Vertrag inkl. Montagsspiele gibt oder nicht. Hier herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, denn das damalige Ergebnis ist nur recht knapp für Sport1 ausgefallen. Es gibt also Vereine, die sich dagegen aussprechen. 

 

Wir fordern deshalb die Vereine, allen voran Fortuna Köln, dazu auf, für das Interesse der Fans beim Verband einzustehen und diese nachhaltig einzufordern! Unser Verein wirbt gerne mit dem geselligen Miteinander vor und gerade nach dem Spiel im Vereinsheim. Dies ist an einem Montagabend kaum bis gar nicht möglich. Der Fußball ist eines der letzten Bindeglieder der Gesellschaft, er führt Menschen aus unterschiedlichen Berufen, Kulturen, Schichten zusammen, über alle Geschlechter- und Altersgrenzen hinweg. Vor und nach dem Spiel in der Kneipe, dem Vereinsheim oder sonst wo wird nicht nur das Spielgeschehen analysiert und mit der Mannschaft gefeiert oder gelitten, sondern auch über Kultur und Wirtschaft debattiert. Die Vereine müssen verstehen, dass sie eine gesellschaftliche Verantwortung haben und man nur zusammen nachhaltige Änderungen bei den Verbänden erreichen kann. Deshalb müssen sie die Meinung ihrer Fans nicht nur hören, sondern auch vertreten! Folgerichtig fordern wir deshalb unseren Verein dazu auf, zukünftige Montagsspiele im Südstadion abzulehnen! 


Des Weiteren fordern wir den WDFV auf, andere Einnahmenquellen zu finden als Spiele unter der Woche oder außerhalb der normalen Spieltagsansetzungen! Der DFB bzw. die DFL müssen dafür sorgen, dass das Geld, welches im deutschen Fußball definitiv vorhanden ist, fair aufgeteilt wird, sodass Vereine in jeder Liga existieren können und ein Auf- oder Abstieg nicht immer Existenzen zerstört. Es kann nicht sein, dass Traditionsvereine in der 3. und 4. Liga um ihr Überleben kämpfen müssen, während der DFB dabei zuschaut wie der FC Bayern eine Super League plant, um noch mehr finanzielle Planungssicherheit zu erhalten. Es kann nicht sein, dass ein 1. Liga-Absteiger fast dreimal so viel Geld von den Verbänden erhält als ein 3. Liga Aufsteiger. Es kann nicht sein, dass die reichen, bekannten Clubs des oberen Drittels der Bundesliga immer mehr gemästet werden, während die ärmeren, kleineren Clubs, speziell in den tieferen Ligen, kaum noch eine Chance haben sich überhaupt zu entwickeln. 

 

Für uns steht eines fest: Der Volkssport Fußball gehört uns! Den Fußballfans! Kein Verband, kein Vereinsfunktionär und auch kein TV-Sender hat diesen Sport so groß gemacht. Er gehört den Fans, die über 1000 Kilometer für ein Auswärtsspiel reisen, um die Stimme für unsere Fortuna zu erheben. Er gehört der aktiven Fanszene, die ob letztes Jahr in Zwickau oder dieses Jahr in Oberhausen oder Haltern rund 90 Prozent des Gästeanhangs ausmachen. Er gehört also denen, die dem Fußball das Leben einhauchen! Jene, die unsere Mannschaft stets auf Schritt und Tritt begleiten, anfeuern und auch in schwierigen Zeiten die Fahne hissen, auch wenn sich mal nur 700 Zuschauer im Stadion verlaufen! Findet euch damit ab oder lasst es!  *

 

Ihr macht unseren Sport kaputt! Gegen die TV-Diktatur! Für fangerechte Anstoßzeiten! 

 

 

*Eine detailliertere Ausführung unserer Beweggründe für den Protest findet ihr in der aktuellen Ausgabe des KurvenKoks (Nr. 4, November)

 

Hier geht es zu den Bildern der Protestaktionen!